Coli-Bakterien: sind sie immer schädlich?

Coli-Bakterien

Seit dem Skandal um EHEC („enterohämorrhagische Escherichia coli“) sind Coli-Bakterien gefürchtet. Die Bakterien, die im Darm fast immer in gewissen Mengen vorkommen, werden für alle möglichen Durchfallerkrankungen verantwortlich gemacht. Auch spielen Sie eine große Rolle bei Blasenentzündungen.

Aber: sind Coli-Bakterien immer gefährlich? Die Antwort: Nein! Es gibt sogar Coli-Bakterien, die dem Menschen sehr gut tun! Lesen Sie jetzt, welche Coli-Bakterien schädlich sind – und welche sogar gut tun.

Was sind Coli-Bakterien?

Coli-Bakterien gehören einer bestimmten Klasse von Bakterien an, die sich „Gramnegative Stäbchen“ nennen. Coli-Bakterien sind die in der Medizin am meisten und am gründlichsten untersuchten Mikroorganismen. Ihr wissenschaftlicher Name ist Escherichia coli, benannt nach dem Arzt Theodor Escherich, der von 1857-1911 gelebt hat.

Coli-Bakterien kommen natürlicherweise nahezu ausschließlich im Dickdarm des Menschen vor. Hier finden die gutartigen Formen von Coli-Bakterien ihr Milieu, in dem sie sich dauerhaft ansiedeln können. Normalerweise sorgen Coli-Bakterien mit dafür, dass der Darm nicht von anderen Arten von Darmbakterien außer den „physiologischen“ Darmbakterien wie Lactobacillus und Bifidus besiedelt werden. Sie benutzen dazu einen bestimmten Mechanismus, auf den ich noch eingehen werde.

Außerhalb Ihres Milieus jedoch sind Coli-Bakterien in jedem Fall Erreger von Infektionen, die je nach Milieu harmlos oder gefährlich werden können. Das sind beispielsweise:

  • Die unkomplizierte Blasenentzündung
  • Wundinfektionen
  • Lungenentzündungen
  • Rippenfellentzündungen
  • Entzündungen der Gallenblase
  • Hirnhautentzündung (bei Säuglingen und Kleinkindern)

Coli-Bakterien: einige Arten können auch im Darm gefährlich werden!

Daneben gibt es allerdings auch einige Arten von Coli-Bakterien, die im Darm zu gefährlichen Infektionen führen können. Es sind fünf Unterarten von Coli-Bakterien, die für den menschlichen Darm besonders gefährlich sind:

EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli): Sie verursachen mit ihren Stoffwechselgiften gefährliche, bluthaltige Durchfälle und können auch das gefürchtete „hämolytisch-urämische Syndrom“ auslösen. Dann wird es lebensgefährlich!

EIEC (enteroinvasive Escherichia coli): Sie lösen eine Entzündungsreaktion im Körper aus, ähnlich wie bei einem akuten Schub der gefürchteten Colitis ulcerosa. Es kommt zu hohem Fieber und teilweise blutigen Durchfällen.

EPEC (enteropathogene Escherichia coli): Sie sind auch verantwortlich für den so genannten Säuglingsdurchfall. Befallen werden in den allermeisten Fällen Kinder, die das zweite Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Von ihrer Giftigkeit ist dieser Stamm her nicht so gefährlich, bei den kleinen Kindern kommt es jedoch zu einem gefährlichen Flüssigkeitsverlust.

ETEC (enterotoxische Escherichia coli): Sie verursachen den Reisedurchfall. „enterotoxisch“ bedeutet, dass sie Giftstoffe ausscheiden. Diese Giftstoffe verändern den Wasserhaushalt im Darm. Es kommt zu wässrigen Durchfällen. Mitunter tritt diese Art auch bei Kindern unter drei Jahren auf.

EAEC (enteroaggressive Escherichia coli): auch diese Art von Coli-Bakterien ist bei Kindern von Belang. Sie können sich an der Darmwand festsetzen und chronische Durchfälle auslösen. Dabei kommt es häufiger zu einer verzögerten körperlichen Entwicklung.

Alle diese für den Darm schädlichen Arten können, bei entsprechendem immunologischem Ungleichgewicht, die chronisch-entzündliche Darmerkrankung Colitis ulcerosa begünstigen.

Escherichia coli - die nicht schädlichen Stämme stimulieren das Immunsystem

Nun lasse ich mal die Katze aus dem Sack: Coli-Bakterien werden sogar in der naturheilkundlichen Therapie von Darmproblemen eingesetzt! Dabei werden entweder die lebensfähigen Bakterien verwendet - wie zum Beispiel bei Escherichia coli Nissle 1917 (Mutaflor). Oder es werden Zellfragmente benutzt, um das lymphatische System des Darms zu einer Abwehrreaktion zu stimulieren (wie beispielsweise bei Colibiogen Laves oder bei Pro-Symbioflor).

Ihre Anwendung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist umstritten. Von Escherichia coli Nissle 1917 existieren Studien, die diesem Bakterienstamm eine vergleichbare Wirkung für die Linderung von Symptomen einer Colitis ulcerosa bescheinigen wie dem bekannten Medikament Mesalazin. Die Rolle übriger Präparate wird wissenschaftlich als nicht vollständig abgesichert eingestuft.

Was macht Escherichia coli Nissle genau? Die Bakterien setzen sich an der Grenze zwischen Darmschleimhaut und Darmwand fest und verhindern den Durchtritt von Sauerstoff in den Darm. Sie verhindern damit oxidativen Stress und sorgen dafür, dass andere Bakterienstämme die Gärung vollziehen können - nämlich Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren produzieren. Diese wiederum sind für die Gesundheit des Darms sehr wichtig. Kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure und Propionsäure sind wichtig für die Gesundheit und Stabilität der Darmschleimhaut.

Coli-Bakterien: wichtig für die molekulargenetische Forschung und Technik

Coli-Bakterien sind der am besten untersuchte Bakterienstamm überhaupt. Plus: Sie sind relativ leicht genetisch zu manipulieren. Diese Eigenschaft wird in der Medizin und in der Biochemie genutzt. Beispielsweise für die Herstellung synthetischer Vitamine, für die Antibiotikaforschung im Besonderen und für die Arzneimittelforschung im Allgemeinen. Man kann mit der Hilfe gentechnisch veränderter Coli-Bakterien Hormone herstellen - beispielsweise Insulin und Somatostatin.

Es laufen darüber hinaus Forschungsarbeiten, wie man mithilfe von gentechnisch veränderten Bakterien zukünftig Treibstoffe herstellen kann.

Mein Fazit

Gefährlich? Eher vielseitig und flexibel. Auf kaum ein anderes Lebewesen trifft dies so zu wie auf die Coli-Bakterien. In ihren verschiedenen Formen können sie für den Menschen unangenehme, potenziell sogar tödliche Infektionen erzeugen. Gutartige Formen jedoch helfen dem menschlichen Immunsystem. Es besteht die Möglichkeit, chronische Darmentzündung mit Ihnen zu therapieren. Aber nicht nur in der Naturheilkunde, sondern auch in der Medizin und Biotechnologie sind Coli-Bakterien gefragte Mitarbeiter: Sie helfen bei der Synthese von Hormonen und verschiedenen weiteren Arzneimitteln und können in Zukunft vielleicht sogar Treibstoff produzieren!



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