Das „Zika-Virus“: harmlos oder echte Bedrohung?
„Jedes Jahr ein neues Virus“ oder anders formuliert: „Jedes Jahr eine neue Sau, die vom WHO durchs Dorf getrieben wird“. So lästern Kritiker, wenn – wie einmal mehr in diesen Tagen, wie meist in den Wintermonaten, vor einer neuen Bedrohung aus der Welt der Mikroorganismen gewarnt wird. Diesmal ist das „Zika-Virus“ dran.
Manch einer winkt schon ab – eingedenk der „Flops“ der letzten Jahre, wie beispielsweise der Schweinegrippe. Ein ganz anderes Kaliber war hingegen Ebola: diese meist tödlich verlaufende Infektion hat immerhin rund 20.000 Menschen getroffen und etlichen das Leben gekostet. Indes, zur weltumspannenden, alles bedrohenden Gefahr sind sie bei weitem nicht ausgewachsen.
Da rümpft man schon fast wieder die Nase, wenn man die Schlagzeilen dieser Tage über das „Zika-Virus“ liest: „Zika verbreitet sich explosionsartig – Notfall wird geprüft!“ und: „Plötzlich ist die Seuche da!“ sowie: „Das gefährliche Zika-Virus breitet sich derzeit rasend schnell aus und sorgt für massive Verunsicherung“.
Gefährlich?
Naja, wie man’s nimmt…
Der Großteil aller Infektionen mit diesem Virus bemerken die Betroffenen nicht mal, und wenn etwas bemerkt wird, geht das Ganze meist mit (bestenfalls) Symptomen eines grippalen Virusinfekts oder einer leichteren echten Grippe einher: Fieber, Hautausschlag, Kopfschmerzen, Gelenkssymptome sowie einigen Erscheinungen einer Erkältung. Es dauert längstens eine Woche, bis die Symptome komplett verschwunden sind.
Todesfälle sind bisher keine bekannt geworden. Bis 2007 hat man zudem nur 15 Fälle der Erkrankung registriert - sämtlich in Afrika und Südostasien.
Allerdings: das Zika-Virus breitet sich aus…
Einer der Nachteile einer „immer kleiner werdenden Welt“ ist, dass Viren schneller von einem zu einem anderen Ort gelangen können. Insbesondere einen anderen Kontinent - aber mit ähnlichen Klima-und Lebensbedingungen. Daher wurde das Virus jüngst von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „emerging pathogen“, sinngemäß ein sich ausbreitender Erreger bezeichnet.
Zika-Viren: Lähmungserscheinungen und Missbildungen bei Babys befürchtet
Aber auch ein so harmloses Virus wie das Zika-Virus kann gefährlich werden. Mit Betonung auf kann. Denn: Nichts Genaues weiß man nicht. So wird die gefürchtete Lähmungserkrankung, das Guillain-Barré-Syndrom, mit dem Zika-Virus in Zusammenhang gebracht. Aber das sind bis heute nur Vermutungen. Selbst in lateinamerikanischen Zeitungen - sprich: in der Gegend, in der das Virus zurzeit am heftigsten grassiert - wird nur von Vermutungen gesprochen, keineswegs aber von offensichtlichen Zusammenhängen:
„Qué es el Guillain-Barré, la otra enfermedad que los científicos creen podría estar vinculada al zika” ( Übersetzt: „was ist das Guillain-Barré-Syndrom, die begleitende Erkrankung, von denen die Wissenschaftler glauben, dass sie mit dem Zika-Virus in Verbindung stehen könnte“).
Es entspricht der Wahrheit, dass gerade in Lateinamerika in Gegenden, in denen das Virus grassiert, eine erhöhte Erkrankungsrate dieses Syndroms auftritt. Aber wie gesagt: ein ursächlicher Zusammenhang kann bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht bestätigt werden.
Das Zika-Virus steht nach aktuellem Kenntnisstand wahrscheinlich mit Missbildungen bei Neugeborenen in Zusammenhang, wenn Mütter im ersten Schwangerschaft Drittel von dieser Erkrankung betroffen sind. Es kommt zu Microenzephalie, einer Kleinwüchsigkeit des Kopfs mit schweren Nervendefekten. Die Kinder sind lebenslang behindert.
Es gibt Meldungen, dass bereits 4000 Neugeborene Babys allein in Brasilien und im tropischen Lateinamerika von dieser Behinderung betroffen sein. Allerdings rudert man auch hier teilweise schon wieder zurück, wie dieser Artikel belegt.
Mittlerweile sind einige Fälle in Deutschland bekannt geworden
In den letzten Tagen wurden einige Erkrankungen sogar aus Deutschland gemeldet. Allerdings ist man sich ziemlich sicher, dass sich die Betroffenen nicht in Deutschland infizierten. Das Risiko einer Epidemie wird als sehr gering eingestuft. Als Überträger hat man verschiedene Arten der „Aedes“ (Stechmücken, die in tropischen und subtropischen Gegenden beheimatet sind) ermittelt. Aedes übertragen unter anderem auch Gelbfieber und Dengue-Fieber. Sie machen aber das eigentliche Problem deutlich.
Eine Zika-Epidemie ist immer ein Hygieneproblem!
Die verschiedenen Unterarten der Gattung Aedes sind ein Spezialfall unter den Insekten. Sie tolerieren Umweltverschmutzung nicht nur, sie scheinen sie auch zu lieben. Sie können quasi überall brüten, wo der Mensch seine schmutzige Spur hinterlässt. Die Armenviertel in Lateinamerika, die so genannten Favelas, bieten sich als Brutstätte für diese Insekten geradezu an. Ob Pfützen in Autoreifen, halb leere Colaflaschen oder stinkende Abfallgruben: Aedes brütet überall, wo es schmutzig ist. Und natürlich gilt wie bei vielen dieser Erregern: wo es warm bis heiß ist, können Sie sich besonders gut ausbreiten. Das ist natürlich in Rio de Janeiro bei Durchschnittstemperaturen von 26° eher der Fall als im kalten, winterlichen Deutschland.
Das Risiko, dass es hier in Deutschland zu einer Art von Epidemie kommt, ist daher denkbar gering. Wer in Europa bleibt, ist kaum gefährdet, sich mit dem Virus zu infizieren. Für Schwangere Frauen hingegen gilt: Auslandsreisen in den lateinamerikanischen Raum sollten, wenn es geht, vermieden werden. Falls solche Reisen unvermeidbar sind, sollte man für gute Hygiene und bestmöglichen Insektenschutz sorgen. Vor allen Dingen sollten „schmutzige“ Gegenden möglichst gemieden werden. Eine Impfung gegen das Virus gibt es nicht und wird es nach Einschätzung diverser Seuchen-Experten frühestens in 2019 geben. Ob so eine Impfung überhaupt notwendig ist, ist zu überprüfen. Die vermuteten gefährlichen Konsequenzen dieser Viruserkrankung stehen noch auf dem Prüfstand.
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